Von Demos kann heute jeder easy mit dem Smartphone berichten. Was ist wichtig, wenn man sich im Netz über solche Events informiert?
24. Oktober 2024
Darum gehts
Versuche, bei denen die Polizei die Pressefreiheit auf Demos einschränken will, gibt es immer wieder. In Hannover hat das Verwaltungsgericht so eine Aktion Anfang dieses Jahres noch während einer laufenden Protestcamp-Räumung als rechtswidrig eingestuft. Die Entscheidung wurde im Netz kontrovers diskutiert. Damit verbunden ist auch die Frage: Warum braucht es noch Journalist*innen auf Demos, Protesten und Co.? Jeder kann doch heute selbst mit dem Smartphone filmen, die Szenen ins Netz stellen und Tatsachen schaffen.
„Kein Zutritt zu wesentlichen Konfliktpunkten“
Zur Beantwortung dieser Frage schaut sich Victoria die Medienarbeit bei der Räumung des Protestcamps „Tümpeltown“ in Hannover näher an. Sie spricht mit Christian Bohnenkamp von der Neuen Presse, der den Fall seit 2015 aus professioneller journalistischer Perspektive begleitet.
Es geht um Hintergründe zur Rodung im Naturschutzgebiet Leinemasch, gegen die sich die Proteste richteten. Und Christian beschreibt Atmosphäre und Erlebnisse, die die freie Berichterstattung bedrohten. „Man hatte keinen Zutritt zu den wesentlichen Konfliktpunkten. Es gab wie im Jahr zuvor begleitete Exkursionen (…) Da sind wir und andere Medien auch vor Gericht gegangen.“
Vorsicht: Medienaktivist*innen füllen Lücken einseitig
Simon Teune, Mitbegründer des Instituts für Protest- und Bewegungsforschung ipb in Berlin, gibt im Podcast eine wissenschaftliche Einordnung. Typische Akteur*innen sind seinen Einschätzungen nach auch Personen, die sich als Medienaktivist*innen verstehen. Freie Radios in den 1980ern oder die Plattform indymedia in den 2000ern haben bereits damals schon auf der Vorstellung gefußt, dass in den klassischen Medien gar nicht oder lückenhaft über Demos, Proteste und Co. berichtet wird.
„Der große Unterschied ist, dass sich Medienaktivist*innen als parteiisch verstehen und sehr bewusst eine Seite abbilden wollen (…) Das gilt seit 10 bis 15 Jahren verstärkt auch für die neue soziale Bewegung von rechts, wo sich auch eine Infrastruktur von Youtubern und Livestreamern gebildet hat“, sagt Simon.
In dieser Episode von Digga Fake blickt Victoria aber auch auf ganz praktische Tipps zur Quellenprüfung. Woran kann jeder von uns checken, ob der Kanal bzw. der Account zuverlässige Informationen liefert? Wie spielen Transparenz und Algorithmen rein?
Shownotes und Quellen
CREDITS: Musik „Digga Fake Theme Song“ von Alexey Potiy | Sounddesign und Remix Intro von Martin Sun | Foto von Alexander Bley | Grafik von Victoria Graul MMA | Soundeffekte Click Button 2 und Zombie in Pain und Left Hook alle von Mike Koenig auf SoundBible Attribution 3.0; Small Crowd Applause von Yannick Lemieux auf SoundBible Attribution 3.0; Funny Voices von Daniel Simon auf SoundBible Attribution 3.0; Ausschnitt Räumung Tümpeltown von Neue Presse
Digga Fake – der Podcast über Fake News & Fact-Checking (Hannover-Edition) ist eine Produktion von © Victoria Graul in Kooperation mit Neue Presse
NEUE PRESSE: Informiere dich unterhaltsam, vielseitig und außergewöhnlich über Hannover und die Welt: https://neuepresse.de. Die ersten zwei Wochen sind kostenlos. Oder folge der NP auf Instagram, Facebook und der Plattform X
Musik von Alexey Potiy → Website Gruppa Karl-Marx-Stadt
Musik von Martin Sun → Empsylo auf Spotify
Pressemitteilung vom Verwaltungsgericht Hannover „Beschränkung für Rundfunkvertreter bei der Räumung von ‚Tümpeltown‘ überwiegend rechtswidrig“ vom 16. Januar 2024, abrufbar unter https://www.verwaltungsgericht-hannover.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilungen/beschrankung-fur-rundfunkvertreter-bei-der-raumung-von-tumpeltown-uberwiegend-rechtswidrig-228712.html
Report „Feindbild Journalist:in 8: Angst vor der Selbstzensur“ 2024 herausgegeben vom European Centre for Press and Media Freedom, abrufbar unter https://www.ecpmf.eu/wp-content/uploads/2024/04/Feindbild-Journalist-2023.pdf
Berichterstattung „Der Ticker zum Nachlesen: Räumung am Südschnellweg abgeschlossen – so lief der Polizeieinsatz ab“ vom 17. Januar 2024, erschienen auf neuepresse.de, abrufbar unter https://www.neuepresse.de/lokales/hannover/suedschnellweg-in-hannover-live-polizei-reisst-baumhaus-protestcamp-aktuelle-videos-und-bilder-AB4VGFOR5NGRTLIYNZ74R2R2Z4.html (Paywall)